Tamoxifen Nebenwirkungen - ab wann?

  • Ich nehme jetzt seit März 2023 die übliche Dosis von 20mg - wie offensichtlich fast Alle hier.

    Bis jetzt verspüre ich außer einem gelegentlichen leichten Juckreiz auf der Kopfhaut eigentlich keine der im Beipackzettel zahlreich beschriebenen Nebenwirkungen, auch die Libido hat sich bis jetzt nicht verändert. Die letzten Blutlaborwerte vom Juli des Jahres waren auch im Normbereich.


    Allerdings frage ich mich, ab welcher Dauer der Einnahme überhaupt mit Nebenwirkungen zu rechnen ist, denn dazu lässt sich der Beipackzettel leider nicht aus!


    Denn ich kann mir vorstellen, dass einige Nebenwirkungen erst nach mehreren Jahren der Einnahme auftreten, und 5 Jahre oder noch besser 10 Jahre sollen wir uns die Dinger ja täglich einwerfen.

    Besonders Sorge bereitet mir die im Beipackzettel erwähnte, u.U. irreversible Schädigung der Netzhaut oder der Augenlinse.

    Da hier ja einige mit Tamoxifen- Langzeiterfahrungen sind, würde ich mich über deren Berichte zu spät auftretenden Nebenwirkungen freuen!


    Liebe Grüße :)


    Bernd

  • Was ich noch anmerken wollte:


    Bei Östrogenrezeptor positiven Tumoren wie bei mir ( 80% ER- positiv, 5% PR- positiv) macht das Tamoxifen ja anscheinend durchaus, was es soll:


    bei der Erstdiagnose mit Probebiopsie Mitte März 2023 lag die Ki67- Proliferationsrate der Zellen im Tumorgewebe bei 20 bis 25%, bei der patho- histologischen Untersuchung nach der Mastektomie Ende April nach rund 4 Wochen Tamoxifen war der Ki67 nur noch 10%.


    Liebe Grüße


    Bernd

  • Ich wünsche Euch allen einen guten Start ins neue Jahr!


    Leider habe ich auf meine eingangs gestellte Frage bezüglich der Tamoxifen- Nebenwirkungen und nach welcher Zeitdauer der Einnahme diese denn auftreten noch keine Antworten erhalten - bestimmt haben doch Einige, wenn nicht sogar Viele von Euch da Langzeiterfahrungen und können mir was dazu sagen.

    Vielen Dank schon mal im Voraus :)


    Liebe Grüße

    Bernd

  • Frohes neues BerndWW


    ich nehme das Tamoxifen nun seit zwei Jahren ein. Kann dir deshalb zu den Langzeitnebenwirkungen wenig berichten.


    Was aber deine Frage angeht, so kann ich dir schreiben, dass es tatsächlich zu Veränderungen am Auge kommen kann.


    Trübung der Linse (Katarakt) ist eine dieser Möglichkeiten. Dies lässt sich aber mit einer Augen-OP beheben.


    Ich kann dir da nur empfehlen jährlich zum Augenarzt zu gehen und ihm mitteilen, dass du Tamoxifen einnimmst. Frühzeitig erkannt, kannst du nämlich entscheiden, ob die Einnahme fortsetzt und anschließend die Augen-OP durchführst oder das Medikament absetzt.


    Ich vermute, dass innerhalb der ersten 5 Jahre keine Veränderung am Auge auftritt. Wenn du aber das Tamoxifen 10 Jahre einnehmen musst, dann ist die Wahrscheindlichkeit größer, dass sich dort am Auge was verändert. Bisher ist niemand, soweit ich weiß, blind vom Tamoxifen geworden. Da brauchst du dir keine Sorgen machen.


    Länger als 10 Jahre wird das Tamoxifen auch nicht eingenommen. Nach 5 Jahren ist ja die Behandlung abgeschlossen und weitere 5 Jahre wird nur zur Vorbeugung/ Prophylaxe eingenommen. Also nicht bei jedem, nur wenn das Risiko für einen Rückfall hoch ist.


    Meine Sorge war ja, dass Tamoxifen ein Steroid ist und infolge dessen es Leberkrebs verursachen kann. Mein Onkologe aus der Nachsorge, konnte mich aber beruhigen und sagen, dass sowas überhaupt nicht vorkommt. Er hat keinen Fall bisher gehabt.


    Die Dosis von 20mg ist dafür zu schwach und mehr als 20mg Tamoxifen haben nur Frauen bei inoperablen Eierstockkrebs, wenn ich mich richtig entsinne, erhalten. Da gibt es auch was im Internet, dass bei 40mg Dosis es zu Leberereignissen kam. Diese Dosis nimmt aber niemand ein.


    Ansonsten gibt es nur solche Nebenwirkungen wir Libidoverlust. Das zeigt sich für gewönlich schnell, denn wenn die entsprechenden Hormone fehlen, dann nimmt die Libido auch sprunghaft ab. Ob sich das reversibel ist, weiß ich nicht. Da muss jemand anderes berichten, der die 5 Jahre Einnahme hinter sich gebracht hat.


    Die Dosis von 20mg ist erforscht worden in den Jahren von 1980-1990 und seit dem ist das Standard. Dabei wurde so untersucht, dass die Wirkung im Vergleich zur 40mg gleich ist und die Nebenwirkungen aber geringer sind.


    Was ich dir noch zum Tamoxifen sagen kann, dass es Metabolisierungstests gibt. Einmal werden die wirksamen Metaboliten bestimmt (z.B. Endoxifen) und einmal wird die Genvariante CYP2D6 auf die Aktivität getest. Gerne kannst du dir mehr Informationen beim DKFZ einholen.


    Diese Test kosten viel, aber wenn du Privatpatient bist, dann übernimmt die Krankenkasse diese Tests. Bei dir gehe ich stark davon aus, dass das Tamoxifen gut wirkt, denn der KI67 ist bei dir ja gesunken. Somit bist du wahrscheinlich auch ein normaler Metabolisierer.


    Bei mir wurde nach der Ablatio der KI67 nicht erneut bestimmt. Da kannst du dich glücklich schätzen. Ich hätte gerne zur Beruhigung gewusst, ob der KI67 gefallen ist.


    Wenn der Metabolisierungstest schlecht ausfällt, kannst du damit rechnen, dass es zu keinen Ereignissen am Auge kommt, denn soweit ich weiß, kommen diese Nebenwirkungen vom Endoxifen (das verstoffwechselte Tamoxifen). So wie ich das verstanden habe, wird in den Fällen, wenn das Tamoxifen nicht verstoffwechselt wird, es einfach wieder ausgeschieden. Es kommt zu keinen Nebenwirkungen.


    Ich bin aber kein Experte/ Arzt/ Pharmakologe und deshlab nimm diese Infos nur so als Randbemerkung an und verlass dich nicht zu 100% darauf. Es kann sein, dass mir mal was falsches erklärt wurde oder das ich die Ausführung nicht richtig verstanden habe.


    Ich hoffe, dass ich deine Fragen zu Tamoxifen beantworten konnte. Gerne kannst du bei weiterem Interesse auch den DKFZ kontaktieren, wenn sich sonst niemand findet, der gerne berichten möchte.


    Beste Grüße

    Hansi2245

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Bernd,

    es ist anzunehmen, dass es unter der Tamoxifentherapie eine erhöhte Thromboseneigung gibt. Die Gefahr nimmt aber wohl mit den Jahren eher ab als zu. In dieser Studie traten die meisten Fälle in den ersten 18 Monaten auf und danach ist kaum noch mit einem erhöhten Risiko zu rechnen. Ich denke, man sollte hier in der Anfangszeit vorsichtig sein und ggf. einen Arzt um Rat fragen, insbesondere wenn solche Vorkommnisse in der Familie bekannt sind oder z.B. bei längeren Flugreisen, da die Gefahr hier ohnehin erhöht ist.


    Eine jährliche fachärztliche Augenuntersuchung ist sicher auch zu empfehlen, es gibt wohl unter Tamoxifen auch ganz selten Erkrankungen am Auge die gravierender sind als ein grauer Star.


    Die üblichen Nebenwirkungen in Bezug auf die Psyche, Stimmungsschwankungen, Hitzewallungen Sexualleben kennst Du ja sicher inzwischen. Damit muss man nunmal bis zum Ende der Therapie leben. Dies sind Folgen der Veränderung der Sexualhormone. Übrigens stimmt es nicht, wie Hansi schreibt, dass die Sexualhormone unter der Tamoxifentherapie fehlen - das Gegenteil ist der Fall, sowohl das Testosteron wie auch das Östrogen steigen unter einer Tamoxifen-Monotherapie an. Wen es interessiert - siehe hier. Warum die meisten Patienten über Libidoverlust klagen ist nicht bekannt. Die Studie hat keine Einschränkung auf das Sexualleben festgestellt. Allerdings hatte der Studienarm mit der Tamoxifen-Monotherapie weniger als 20 Patienten.


    Noch zwei Anmerkungen:

    1. Bei Frauen hat Tamoxifen durchaus eine relevantere Nebenwirkung. An der Gebärmutter wirkt Tamoxifen nicht wie ein Antiöstrogen, sondern wie ein Östrogen. Das führt zu Nebenwirkungen und auch zu einem leicht erhöhten Risiko für Gebärmutterkrebs. Dennoch geht man davon aus, dass die Vorteile einer Tamoxifentherapie auch für Frauen mit Brustkrebs größer sind als die Nachteile.

    2. Ich habe Patienten mit einer seltenen Erkrankung kennengelernt, die bekommen in Kombination mit anderen Medikamenten 120mg Tamoxifen.

    Beides hatte meine Vorbehalte vor Tamoxifen als ich erkrankt war gedämpft.

    Vielleicht geht es dir auch so?


    Gruß

    Peter

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  • Hallo Hansi, hallo Peter,


    vielen Dank für eure sehr ausführlichen Antworten!

    Eine Kontrolluntersuchung beim Augenarzt werde ich auf jeden Fall machen lassen.

    Die Links zu den Studien habe ich mir auch angeschaut - sehr interessant!

    Aber irgendwie auch nachvollziehbar, dass alle Medikamente, die den Hormonhaushalt beeinflußen, also auch Tamoxifen, alleine schon dadurch nicht nebenwirkungsfrei sein können!

    Zumal dieses hochkomplexe System des Zusammenspiels der Hormone ja immer noch nicht vollständig "entschlüsselt" ist.

    Man kann sich eben nur an dem Stand der Medizin orientieren, wie er sich zur Zeit darstellt - wahrscheinlich gibt es in 20 Jahren wieder vollkommen neue bzw. andere Erkenntnisse, die im schlimmsten Falle beinhalten könnten, dass unsere derzeitige Therapie wohl doch nicht so zielführend war wie gedacht.

    Andererseits ist gerade Tamoxifen seit mehr als 3 Jahrzehnten so fest etabliert, dass man eigentlich davon ausgehen müsste, dass es seine gewünschte Wirkung zuverlässig entfaltet.

    Solange bei mir keine gravierenden Nebenwirkungen auftreten, werde ich es natürlich weiter nehmen.

    Falls doch, muss ich eben abwägen, was mir wichtiger ist - aber selbst im "worst-case" würde das Absetzen von Tamoxifen ja nicht zwangsläufig zum Wiederaufflammen des Brustkrebs führen, sondern nur das Risiko um ca. 30 bis 50% in entsprechenden 5- oder 10- Jahreszeiträumen erhöhen.


    Liebe Grüße


    Bernd

  • Hallo zusammen

    Ich bin 73 und nehme Tamoxifen seit nun fast vier Jahren. Was bei mir von Anfang an auftrat waren gelegentlich nächtliche Schweißausbrüche. Dann entwickelte sich nach ca einem Jahr eine verminderte 'Standfestigkeit' (mein Penis wurde nicht mehr richtig hart), worauf mir mein Urologe Viagra verschrab. Hat geholfen! Inzwischen habe ich ein Zittern in den Händen (Tremor). In einer Studie habe ich gelesen, dass die Unterdrückung des Östrogens die Entwicklung von Parkinson begünstigt, was mein Zittern erklären könnte. Hoffe die Nebenwirkungen gehen zurück, wenn ich Tamoxifen absetze.


    Beste Grüße Richard

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Richard,

    statistisch gesehen haben mehr als die Hälfte der Männer in deinem Alter das Problem mit der "Standfestigkeit". Da dein Problem erst ein Jahr nach der Tamoxifen Einnahme auftrat, ist es eher anzunehmen, dass es am Alter liegt. Die hormonellen Auswirkungen der Tamoxifen Therapie treten sehr schnell auf und da hättest du sicher schon bald nach Therapiebeginn etwas gemerkt. Die Schweißausbrüche - auch eine Folge der hormonellen Umstellung - sind ja auch "von Anfang an" aufgetreten.

    "Ich habe mal gelesen" ist immer eine etwas vage Aussage. Es wäre schon sinnvoll, wenn du den Link zu der Studie teilen würdest, die den Zusammenhang zwischen der Tamoxifeneinnahme und Parkinson ergeben hat.

    Viele Grüße

    Peter

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